Tochterfirma in Dallas eröffnet
Texas ruft: Mühlhäuser Unternehmen startet im Wilden Westen durch
Der Doppelspitze eines mittelständischen Unternehmens in Mühlhausen gelingt der Sprung über den Großen Teich: Mit einem neuen Standort in den USA will die Firma ihre Marktposition massiv ausbauen.
Vor gut drei Jahren übernahmen Mareike Hilke und Jens Meyer das in Mühlhausen ansässige Unternehmen „Schließ- und Sicherungssysteme“ (kurz „S&S“). Auf Anraten des jahrelangen alleinigen Geschäftsführers Jörg Breitbarth, gegenüber den Gesellschaftern des Unternehmens wurde das Duo in die Geschäftsführung berufen.
Während Meyer sich um den technischen Part kümmert, ist Hilke für den kaufmännischen Bereich zuständig. Die Doppelspitze des Mühlhäuser Betriebs trägt die Verantwortung für über 200 Mitarbeiter.
In den vergangenen beiden Jahren habe man elf Auszubildende in den Bereichen Engineering, Fertigung und Lager begrüßen können. Inzwischen sei auch zu beobachten, dass sich wieder ausgebildete Fachkräfte im Mühlhäuser Betrieb bewerben, berichtet Jens Meyer. Diese kämen teils aus der Automobil- oder Maschinenbaubranche. „Alles läuft so, wie es laufen soll. Unsere Auftragsbücher sind glücklicherweise voll“, sagt Geschäftsführer Meyer.
Türen, Tische, Fenster, Trennwände, Evakuierungssysteme, Fahrrad- und Skihalter sowie Podeste und Ablagen für unterschiedliche Züge und einbruchsichere Türen für Windparks, auch Notausstiege für die Londoner U-Bahn werden am Firmenhauptsitz an der Mühlhäuser Bonatstraße hergestellt. Hier werden Präzision, Innovation und handwerkliches Geschick großgeschrieben.
Tochterfirma in Dallas eröffnet
Und weil die Geschäfte gut laufen, zieht es das Unternehmen jetzt auch nach Dallas in die Vereinigten Staaten. „In der vergangenen Woche haben wir den ersten Auftrag für Amerika mit unserer neuen Tochterfirma an Land gezogen“, sagen die Geschäftsführer Hilke und Meyer. Anders als hierzulande müssten Projekte, die in den USA durch staatliche Gelder finanziert werden, auch eine gewisse Wertschöpfung im eigenen Land vorweisen. Deshalb sei man mit dem Mühlhäuser Unternehmen jetzt so weit gegangen, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Steuerbüro, Anwalt, Geschäftsführer sind gefunden, die Schwesterfirma heißt: S&S Train Parts LLC und hat ihren Sitz in Dallas, Texas.
Nach wie vor wird ein Großteil der Produktion am Standort in Mühlhausen abgewickelt. Danach werden die unterschiedlichen Produkte in die Staaten transportiert und dort finalisiert. Lackieren, Montieren, Schweißen, das sei in den USA geplant. Nach Einschätzung Meyers werde dies die bereits vorhandene Marktposition in den Staaten massiv steigern.
Die Amerikaner würden derzeit riesige Bahnprojekte ausschreiben, ganz aktuell seien Hochgeschwindigkeitszüge für die Strecke von Las Vegas nach Los Angeles in Planung, berichtet Meyer.
Der gewonnene Basisauftrag umfasst nach Angaben der S&S-Geschäftsführung 79 Maschinentüren für Lokomotiven. In den kommenden Monaten gelte es, das Netzwerk in Amerika auszubauen. Deutlich einfacher werde jetzt die gesamte Abrechnung mit US-Dollar sowie die Kommunikation im technischen Bereich mit komplett fertigen Unterlagen auf Englisch. Dass die Verbindung nach Amerika bereits gut funktioniere, zeige, dass ein junger Mann aus Texas inzwischen nach Mühlhausen gezogen sei und im Betrieb seine Ausbildung im Engineering begonnen habe.
Vor wenigen Tagen besuchte der Thüringer Spitzenkandidat der FDP, Thomas Kemmerich, die Firma.
Die Sorgen und Nöte des Unternehmens liegen, wie bei vielen anderen Mittelständlern im Unstrut-Hainich-Kreis, ebenfalls in der wachsenden Bürokratie, die teils nicht mehr nachzuvollziehen sei. „Eigentlich bräuchten wir noch Personal, welches das Thema Nachhaltigkeit abarbeitet, hier sind die Auflagen massiv geworden“, heißt es von der S&S-Geschäftsführung. Um in Förderprogramme zu gelangen, brauche es inzwischen einen externen Dienstleister. Die unterschiedlichen Antragsverfahren abzuarbeiten, sei im normalen Tagesgeschäft schlichtweg nicht möglich, außerdem fehle es an einer klaren Linie, einer Planungssicherheit.
„Unser gesamtes Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz mit seinen Nachweisen führt zu einer enormen Verteuerung unserer Produkte und einer einschneidenden Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit auf dem Markt“, sagt Kemmerich. Dieses Thema müsse dringend angegangen werden. Aus Sicht Kemmerichs könne zudem der Datenschutzbeauftragte komplett gestrichen werden. Kemmerich nennt dieses Thema eine „reine deutsche Kopfgeburt“. Würde man dies streichen, würde dies nicht gegen europäisches Recht verstoßen. „Da müssen wir endlich mal hinkommen“, sagt der Spitzenkandidat. Bürokratieabbau müsse angepackt werden, denn die Schlinge um den Hals würde für die Mittelständler immer enger. Fest stehe aber auch, dass dies nicht von heute auf morgen gehe.
(Quelle: Auszug aus Thüringer Allgemeine vom 22.08.2024)